Von Puerto Limón nach Zittau



Dienstag, 13.5.2014
Der per E-Mail abgemachte Termin platzt, weil der zuständige Agent und sein Helfer nicht vor Ort, d.h. im Büro sind. Wir vereinbaren bei einem Kollegen von Gabriel, unserem Agenten, einen neuen Termin für morgen, kaufen noch ein, reisen wieder in unser Hotel zurück, geniessen das Nichtstun und skypen ein letztes Mal vom amerikanischen Kontinent mit Katjas Eltern.

Mittwoch, 14.5.2014
Auch heute sind wir pünktlich beim Agentenbüro in Limón, doch auch heute ist Gabriel nicht da. Diesmal wird der Termin nach telefonischer Rücksprache mit Gabriel ausgemacht; wiederum für Morgen, am Tag der angekündigten Abfahrt unseres Schiffes! Wir verbringen noch einige Zeit in der Stadt und fahren dann mit dem Bus wieder ins Hotel. Dort werden wir von der Rezeptionistin mit den Worten empfangen: „Da kommt ihr endlich, es wurde schon 5 Mal für Sie angerufen.“ Und wir sollten so gut sein und doch zurückrufen. Am Telefon bestellt uns Gabriel so schnell wie möglich wieder in die Stadt, denn er sei nämlich jetzt im Büro. Unser nächster Bus fährt in drei Minuten und wir beeilen uns, ihn zu erwischen. – Die Ergebnisse unseres Besuches im Büro sind eher dürftig. Das einzig konkrete: Gabriel würde morgen um 10:00 zu uns ins Hotel kommen, um unsere Pässe für die Migration abzuholen. – Hätte man eigentlich auch am Telefon sagen können – finden wir.

Hotel mit Blick auf den Hafen in Moin

Donnerstag, 15.5.2014
Eigentlich müsste unser Schiff heute Morgen erscheinen. Das tut es auch. Es ankert ca. 4km ausserhalb des Hafens, weil nämlich alle Anlegestellen besetzt sind. Natürlich ist keines der Schiffe bis um 10 Uhr weg und auch Gabriel nicht erschienen. Wir rufen an und erfahren, dass er kommen würde, sobald die Hammonia Pomerenia angelegt habe, was um die Mittagszeit erfolgen soll. Wir sehen vom Hotel aus, dass beim vordersten Schiff ein Schiffskran wegen eines Defektes nicht in die Ruhestellung gebracht werden kann. Das Schiff wird aber erst den Platz für die Hamonia Pomerenia freimachen, wenn dieser Defekt behoben ist. Bis 12.00 Uhr haben wir noch immer keine Nachricht von Gabriel, deshalb rufen wir ihn an, um zu wissen, wie es weiter geht. Schliesslich müssen wir wissen, ob wir aus dem Hotel auschecken können oder wir noch eine Nacht hier verbringen müssen. So kommt es auch. Wir werden auf morgen Vormittag 10.00 Uhr vertröstet.

Endlich da! Unser Dampfer
Freitag, 16.5.2014
Tatsächlich erscheint Gabriel heute zu angesagter Zeit. Er schnappt sich unsere Pässe, düst mit dem Auto zur Migration in Puerto Limon und ist tatsächlich ca. eine Stunde später mit je einem Ausreisestempel im Pass wieder zurück. Nun können wir eingeschifft werden. Leider ist unserem Agenten verborgen geblieben, dass wir mit Fahrrädern unterwegs sind. Er hat nur Passiererlaubnis für zwei Personen geordert, aber keine für Fahrzeuge. Na klar doch! Unsere Räder sind keine Fahrzeuge, sind Gepäck! Und los geht`s. Es sind ja nur wenige Schritte bis zum Hafen. Beim Hafeneingang müssen wir unser ganzes Gepäck umständlich durch eine Drehtür schleusen. Mit unseren Rädern können wir schliesslich einfach nur um das Gebäude herumfahren. Das hätten wir auch mitsamt unserem ganzen Gepäck machen können. Aber nein, der Portier wollte das so. Naja, warum einfach, wenn es kompliziert auch geht! Wir müssen alle unsere Taschen öffnen, damit der Sicherheitsfritze einen flüchtigen Blick auf das jeweils zuoberst Liegende werfen kann. Schliesslich ist das Prozedere geschafft und wir können auf`s Schiff. Von der Schiffscrew werden wir freundlich empfangen und man hilft uns, all unser Gepäck in unsere Kabine auf Deck 5 zu bringen. Wir sind die einzigen Passagiere an Bord. Die nächsten 17 Tage wohnen wir in der modernen und sehr grosszügigen Eignerkabine mit Fenstern und grossem Fernseher.

Mehr Power braucht's nicht. 6 Zylinder
Samstag, 17.5.2014 ….Sonntag, 1.6.2014
Die Hamonia Pomerenia ist ein Containerschiff der deutschen Hamonia PD Reederei.  Sie ist 209m lang , 34m breit und hat einen Tiefgang von knapp 10m. Um die Kühlcontainer mit Strom zu  versorgen, stehen 3000 kW elektrischer Strom zur Verfügung. Das Schiff wird von einem deutschen MAN 6 Zylinder Motor angetrieben, der eine elektronische Ventilsteuerung hat.
- Mit ihr schippern wir über Kingston (Jamaika) und Rotterdam (Holland) bis nach Hamburg. Der Kapitän ist Ukrainer, seine Offiziere und Maschineningenieure kommen aus Rumänien, Ungarn und Montenegro. Der dritte Maschineningenieur ist ein Deutscher. Der Koch, der Stewart und auch die Deckarbeiter stammen von den Philippinen, ausser einem Inder. Die Offiziere haben jeweils 4-Monatsverträge, die Philippinos und der Inder müssen neun Monate auf dem Schiff ausharren.

Im Hafen von Kingston
 Am Tag nehmen wir drei Mahlzeiten in der Offiziersmesse ein. Zwischen den Mahlzeiten vergehen unsere Tage mit Gymnastik, schwimmen, Fotos bearbeiten, lesen, Deckspaziergängen und an der Sonne sitzen. Weil unser Kapitän den Verzug von Limón wieder einholen will, dreht der 6 Zylinder Motor mit 86 Umdrehungen/Minute, normal wären deren 70. Die wirtschaftlichste Umdrehungszahl liegt bei 50 1/min. Mit 86 1/min (33km/h) liegt der Verbrauch bei 60t Kraftstoff pro Tag, was ziemlich das Doppelte gegenüber dem wirtschaftlichsten Tempo ist. Zur Brücke haben wir auf diesem Schiff uneingeschränkten Zutritt, den Maschinenraum besichtigen wir mit dem ersten Offizier. Abwechslung in den strengen Schiffsalltag bringt die Grillparty mit Karaoke, die wir unter Planen feiern, weil das Wetter sich eher nass anlässt. In Kingston und Rotterdam geht Katja für eine Erkundungstour an Land. Bevor wir die 6 Stunden die Elbe hochfahren können, ankern wir einen halben Tag bei der Elbemündung.

In Rotterdam
Montag, 2.6.2014
Nach Mitternacht lichten wir den Anker und sind früh um halb sieben schon am Pier. Nach dem Frühstück tragen wir unsere Habseligkeiten nach unten und verabschieden uns von allen. Natürlich dürfen wir nicht per Rad aus dem Hafengelände herausfahren. Doch der Shuttelbus ist auf Personentransport ausgelegt und wir müssen das halbe Gefährt umbauen, um auch die Räder zu verstauen. Wir werden zum Hafentor gebracht und nach dem Aufladen stellen wir fest, dass der einzige, für Fahrräder erlaubte Weg, über eine Überführung geht, die nur über Treppen zu bewältigen ist. -  Durch die, für uns wieder so wundersame Welt, gelangen wir meist auf Fahrradwegen nach Hamburg Schnelsen, zum Campingplatz, den wir vor fast zweieinhalb Jahren im Winter verlassen haben. Im Sommer ist’s hier ganz anders! Beim Warten auf das Ende der Mittagspause der Rezeption werden wir von der Chefin fast sofort wiedererkannt. Sie war schon fast an uns vorbeigegangen, als sie auf dem Absatz kehrt macht: „Ach, wieder zurück?“. Wir werden eingeladen, auf dem gut besuchten Platz in Vorzugslage, gratis bleiben zu können!

Immer noch in Rotterdam
Dienstag, 3.6.2014 … Donnerstag, 5.6.2014
In Hamburg besuchen wir den „Globetrotter“ Outdoorladen, um Hosen und Sandalen zu kaufen. Die Batterien unserer Traser-Uhren werden dort ebenfalls ausgetauscht. Wir besuchen Hagenbecks Zoo, vor allem, um die Aras in ihrer Voliere zu sehen, denn Katja vermisst die vielen Papageien von Südamerika schon sehr. Auch hat dieser Zoo eine sehr beeindruckende und einzigartige Arktis/Antarktis-Anlage mit Eisbären, Walrossen, Robben, Pinguinen und andren Eismeervögeln, wie den Papageientaucher. Einmal gehen wir, den von Christian längst ersehnten, Döner essen. Ein anderes Mal essen wir wieder im griechischen Restaurant Omyros in Schnelsen. Nach dem Bestellen kommt die griechische Chefin an unseren Tisch und sagt mit ihrem schönen Akzent: „Euch kenn ich doch! Waren sie nicht vor ein paar Monaten  auch schon da?“ „Nun ja, es ist etwa 28 Monate her“.  -  „Haben sie nicht im kalten Winter auf dem Camping ausgeharrt?“. „Sie dürfen ruhig sagen, was sie denken!“. Ein breites Grinsen begleitet sie beim Weggehen. Nach dem Bezahlen des ausgezeichneten Essens werden wir auf einen Kaffee eingeladen. Da wir aber so spät keinen Kaffee mehr trinken, erhalten wir kurzentschlossen eine Flasche Ouzo geschenkt und werden herzlich verabschiedet.

Katjas Lieblinge
Freitag, 6.6.2014 … 18.6.2014
Bis wir auf den Elberadweg treffen, haben wir schon 30 km auf dem Zähler. Nun geht es meist linksseitig und meist topfeben durch Auenwälder und – felder. Wir sind massiv beeindruckt von der Anzahl Tourenradlern, die uns entgegenkommen. Es sind meist ältere Semester auf E-Bikes  nur mit „Hotelgepäck“. Wie oft hören wir wohl: „ Schau dir mal das Gepäck an!“, oder nur: „Grosser Gott“, oder „Du meine Güte“… und wir denken „Wir sind eben auf etwas erweiterter Pfingstfahrt!“  - Die ganzen Elbauen, von Lauenburg bis Lutherstadt Wittenberg, sind ein Unesco-Biosphärenreservat. Die Kornfelder Felder sind voller Mohn, Kornblumen und Kamille. Was für eine Blütenpracht!

Die Elbe
Wir sehen viele Feldhasen, Störche, Rehe und Füchse. Rühstädt ist sogar ein richtiges Storchendorf. Hier nisten jedes Jahr auf den Dächern und Schornsteinen der Häuser an die 18- 40 Storchenpaare.

Im Storchendorf Rühstädt

Unterwegs treffen wir immer wieder auf urige Dörfer und interessante historische Städte, wie Lauenburg, Hitzacker, Havelberg, Tangermünde, Wittenberge, Magdeburg und Torgau. Dessau mit seiner Bauhausarchitektur und seinen sechs imposanten Parkanlagen mit Schlössern, Orangerien, Gartenpavillons und Tempeln, wie z.B. den Wörlitzer Park mit Miniaturnachbildung des Vesuv in italienischer Landschaft, nehmen wir uns genauer unter die Lupe. Einen Tag verbringen wir auch in der Reformationsstadt Lutherstadt Wittenberg. Hier feiert man gerade Luthers Hochzeit, ein grosses Mittelalterfest. In Dessau zelten wir für 10 Euro beim Forsthaus „Leimer Berg“, mitten im Wald gelegen, ca. 5 km vom Zentrum entfernt. Die Atmosphäre ist sehr angenehm und unglaublich gastfreundlich. Obendrein werden hier superleckere Gerichte serviert. Es ist wirklich sehr zu empfehlen!

Das Bauhaus in Dessau, erbaut 1926
In Wittenberg verbringen wir zwei Nächte auf dem ansprechenden Zeltplatz auf der anderen Seite der Elbe, gegenüber dem historischen Zentrum. Ansonsten ziehen wir das wilde Zelten, möglichst an Flüssen und Seen, vor. In Dresden nehmen wir Abschied von der Elbe und halten Kurs auf Zittau. Von jetzt an ist es wieder hügelig. Wir fahren durch Bischofswerda mit dem schönen Marktplatz und weiter durch die vielen, wie auf einer Schnur aneinandergereihten Dörfer, entlang der Grenze zu Tschechien in Richtung Zittau. Die letzte Nacht vor unserer Ankunft verbringen wir in einem Waldstück bei Neusalza-Spremberg. Jetzt fehlen nur noch rund 30 km. Andächtig bummeln wir bis nach Zittau und rollen direkt bis nach Hartau zum Garten von Katjas Eltern. Die Wiedersehensfreude ist riesig und unter Freudentränen schliessen wir einander in die Arme. Seit unserer Verabschiedung sind zweieinhalb Jahre vergangen. Unglaublich, aber wahr!

Lutherstadt feiert Luthers Hochzeit
Donnerstag, 19.6…..Sonntag, 13.7.2014
Die dreieinhalb Wochen in Zittau vergehen wie im Fluge. Unsere Zeit ist ausgefüllt mit dem Geniessen unseres Zusammenseins, mit Besuchen von/ bei Familie, Freunden und dem Zahnarzt, mit Festen und Märkten (Sommersonnenwendfeier in Eichgraben, Gablerstrassenfest in Lückendorf, Samsmarkt in Zittau, Bierzug in Eibau, Zittauer Stadtfest, Hartauer Gartenfest) und mit tatkräftiger Hilfe bei Katja‘s Eltern in Haushalt und Garten. Ausserdem richtet Christian für Beide einen möglichst anwenderfreundlichen Computerarbeitsplatz ein, was einige Zeit in Anspruch nimmt.

 Mit Katjas Eltern; soo gross sind die tschechischen Pizzen am Krystina-See

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